Brücke

Mit wild schlagendem Herzen bahnte sie sich ihren Weg durch die unzähligen Soldaten, die hier ihrer Arbeit nachgingen und von denen kaum ein einziger Notiz von ihr zu nehmen schien, den Blick fest auf den riesigen Monitor gerichtet, der sich an einer der Wände erstreckte und der das Bild von der Außenbordkamera zeigte - einen direkten Blick auf die Oberfläche der Erde gab und vor diesem Bild die Offiziere und Kommandeure des Schiffes so unglaublich klein wirkten. Alexandra hatte niemals das Gefühl gehabt, sie müsse sich klein fühlen, aber seitdem sie hier auf dieses Schiff gekommen war und die schiere Größe sie beinahe erschlagen hatte, fühlte sie einmal mehr die Ehrfurcht in ihr aufkeimen - wurde sich einmal mehr darüber bewusst, was die Menschen Cerberus eigentlich zu verdanken hatten und welche Ehre es war, hier sein zu dürfen und unter dem Banner dieser Organisation arbeiten zu dürfen. Cerberus hatte ihr eine zweite Chance gegeben und wenngleich auch der erste Versuch, selbige zu nutzen, in New York beinahe schief gegangen war, so hatte sie jetzt vor alles besser zu machen. 
Missmutig ließ sie ihren Blick an sich selbst hinunter wandern und richtete mit einer Hand noch einmal ihre Kleidung bis sie sicher war, dass selbige keinerlei Falten mehr aufwies und als ihr Blick den dicken Verband um ihren rechten Arm und die Schlinge, die um ihren Hals lag und in welche man ihren Arm gelegt hatte, striff, stieß sie beinahe ein verächtliches Schnauben aus. Wie sie dieses Ding doch hasste, das sie bereits seit einigen Tagen tragen musste, nachdem die Ärzte den Gips abgenommen hatten - bewegen durfte sie den Arm noch immer kaum, war die darunter liegende Schusswunde an ihrer Schulter doch noch immer nicht vollkommen ausgeheilt, aber inzwischen konnte sie wenigstens wieder ihre Finger rühren. Bettruhe kam deswegen allerdings nicht in Frage. 
"Admiral", erhob sie fest ihre Stimme und salutierte mit der gesunden Hand als der hochgewachsene Russe sich umdrehte und ein feines Lächeln umspielte ihre Züge, als sie das Gesicht des Älteren kurz musterte. Sie kannte ihn inzwischen auch schon einige Jahre, war oftmals als Kind gemeinsam mit ihm und Rebecca unterwegs gewesen, aber nur weil das der Fall war, begann sie noch lange nicht zu glauben, sie wäre mehr als ein einfacher Agent in seinen Augen. Er war noch immer eine Respektsperson, er war einer der Köpfe von Cerberus und als solchem gebührte ihm Ehre und Respekt und genau den wollte sie ihm auch geben. "Agent Young und ich sind hierher geschickt worden, um, mit Ihrer Erlaubnis, unseren Auftrag weiter zu erfüllen."

Petrovsky wandte sich um, als die Stimme der Jüngeren erklang und bedachte diese lange mit einem ernsten Blick auf ihre Verletzung. "Wenn sie sich denn zutrauen diese Aufgabe zu erfüllen" erklärte er langsam und gemächlich, während so etwas wie Sorge in seinen Augen aufblitzte. "Allerdings habe ich für Sie und ihren Vater noch eine weitere Aufgabe. Der Mann, welcher für das Training meiner Tochter abgestellt wurde, hat sich als unzuverlässig erwiesen. Sie müssten seinen Platz einnehmen und Natalee trainieren. Am besten binden sie dabei ihren Partner mit ein. Das letzte Training verlief nicht gerade so, was man erfolgsversprechend nennen würde" erklärte er Hüne und nickte langsam, als müsse er überlegen was nun zu tun sei.
"Zu diesem Zweck sollten sie sich allerdings noch mit Mister Steele unterhalten. Er war ihr vorheriger Trainer. Sie dürften ihn jetzt auf dem Freizeitdeck finden, wenn mich nicht alles täuscht"

"Natürlich, Admiral. Vielen Dank für Ihr Vertrauen", antwortete Alexandra lediglich und nickte noch einmal knapp während sie sich in Gedanken versuchte vorzustellen, was sie denn nun am Besten tun sollte, damit das auch wirklich glatt lief. Sie würde in keinem Fall mit dem Mädchen in den direkten Kampf gehen können - zum einen, weil sie selbst sich nur recht einseitig bewegen konnte und allein mit Messer und Gabel zu essen ein unüberwindbares Hindernis geworden schien, so dass sie sich inzwischen daran gewöhnt hatte, mehr FastFood oder zumindest FingerFood zu sich zu nehmen, denn dafür brauchte sie nur eine Hand, und zum anderen, weil sie nicht wusste, wie gut Natalee es aufnehmen würde, wenn jemand plötzlich um die Ecke kam, der sie grün und blau prügelte, ohne dass sie dabei auch nur einen einzigen Funken lernte - von der Tatsache, dass sie ständig Angst haben musste, einmal abgesehen. "Allerdings würde ich Sie gern darum bitten, bei den ersten Trainingssituationen anwesend zu sein, insofern das möglich ist. Wenn ich Ihre Tochter trainieren soll, dann halte ich es für sinnvoll, wenn jemand bei ihr ist, dem sie vertrauen kann und von dem sie weiß, dass er in der Not eingreift, um sie zu schützen - wobei ich nicht hoffe, dass das notwendig sein wird", setzte sie noch vorsichtig hinterher und war sich im selben Augenblick nicht sicher, ob sie diese Worte auch wirklich hätte sagen sollen. Sie wollte ihn nicht bloß stellen, wollte in keiner Weise seinem Ruf schaden, geschweige denn, dass sie eine Grenze übertreten wollte, die es bei Cerberus nun einmal einzuhalten galt. 
Was nun wiederum das Training anbelangte - sie würde ihren Vater darum bitten müssen, dass er die kleineren Kampfübungen mit den anderen absolvierte, solange wie sie das nicht konnte - danach würde das Training vermutlich auch ein gutes Training für sie selbst sein, nachdem sie so lange ausgefallen war. Es ärgerte sie noch immer, dass man die Attentäterin noch nicht gefasst hatte und nur allzu gern hätte sie sich selbst auf den Weg zur Erde gemacht, aber das ging nun einmal nicht - sie hatten einen Job zu erledigen, sie hatte eine Verpflichtung übernommen und die hatte definitiv Vorrang.

Oleg hörte sich Alex Vorschlag an, blieb still während sie redete und nickte langsam, während er ihren Vorschlag abwog und überlegte, in wie weit er seine spärliche Freizeit einrichten könnte, um Natalee beim Training als moralische Stütze zu dienen. Schließlich, nach einer Weile reichlicher Überlegung nickte er langsam. "Ja, ich denke das ist " gestand er und öffnete sein Universalgerät, ehe er dort einige Blöcke hin und her schob, welche einen voll gestopften Terminkalender bildeten.
"Nein, sie haben Recht - ich werde mir auf alle Fälle etwas Zeit verschaffen um bei dem Training anwesend zu sein. Denken Sie, sie könnten mich heute Abend gegen 21 Uhr von dem Termin informieren? Das dürfte mir genug Zeit geben alles andere ein wenig umzuplanen" erklärte Petrovsky gelassen und nickte ihr noch einmal zu, ehe er die Hacken zusammen schlug.
"Sie dürfen wegtreten!"