Serrice Security Firm

"Was bezweckte der ehemalige Cerberus Sexbot eigentlich mit seiner Scharfschützenaktion?" fragte Matt, welcher sich einen kleinen Stuhl genommen und neben Lillie geschleift hatte.
Nun saß er auf dem Bürostuhl, lehnte seinen Rücken gegen das weiche Velourleder, mit welchem Lillie die Sitzgelegenheit hatte bespannen lassen und seufzte während er sich auf einem kleinen Bildschirm die Aufnahmen des automatischen, botgesteuerten Scharfschützengewehrs, welches mit erstaunlicher Videoqulität den Kilometer bis an sein Ziel heran zoomte. Zwar war die Aufnahme dank der Nachtsicht etwas körniger als normal, dennoch waren alle insassen erkennbar gewesen. "Sie hätte Projekt Persephone doch ohne Probleme ausschalten können. Auch der Attentäter - die beiden hätten nicht einmal mehr den Schuss gehört. Wieso hat sie sie gehen lassen?" fragte er zweifelnd. "Nicht das ich etwas gegen eine gewisse Theatralik hätte - Gott bewahre. Aber... Ergebnisse... Hast du den Befehl gegeben das Subjekt zu verschonen?"

"Sie wollte sie warnen und hat damit noch viel mehr Staub aufgewirbelt als es notwendig gewesen wäre", lautete Lillianas Antwort, die mit einem schweren Seufzen auf den Lippen auf einen der Monitore blickte, auf dem die letzten Ereignisse aus New York sich wieder und wieder abspielten. Sie war nicht unbedingt davon begeistert gewesen, was vorgefallen war und welche Sicherheitsmaßnahmen Cerberus danach hochgezogen hatte - Maßnahmen, die es auch ihren Agenten schwer gemacht hatten, dort unten noch weiterhin Informationen zu sammeln und selbige an sie weiter zu leiten und das allein aufgrund der Tatsache, dass eine der Rebellen einen Fehler gemacht hatte. Missmutig tippte sie mit den manikürten Nägeln auf die weiche Lederarmlehne ihres Stuhls und schlug dann die Beine übereinander, verengte die dunkelbraunen Augen für einen kurzen Moment ehe sie sich umzuentscheiden schien und das Terminal, sowie die Videoüberwachung schlichtweg schloss. 
"Aber von mir hat sie keinen Befehl bekommen, sie zu verschonen. Wir haben schon jetzt genügend Ärger wegen der Kleinen und wenn es nach mir geht, dann stirbt sie eher früher, als später, auch wenn Miss Fergueson das noch nicht ganz verinnerlicht zu haben scheint", fuhr sie fort ehe sie ihren Blick hinüber zu Matt richtete und ihn noch einmal genauer ins Auge fasste, die Augenbrauen ein Stück weit hob, als sie glaubte etwas hinter seinem aufgesetztem Lächeln zu erkennen, das er ihr bislang noch nicht mitgeteilt hatte, aber einstweilen ließ sie es dabei bewenden. Matt war loyal, daran hatte sie absolut keinen Zweifel und so machte sie sich nicht die Mühe ihre eigene Paranoia weiter zu schüren, indem sie ihn auf Schritt und Tritt kontrollierte und überwachte. "Aber du bist doch nicht allein wegen dieser Scharfschützenaktion hier."

"Nein" stimmte Matt zu und sah zu Lillie, während er mit den Zähnen knirschte und unnötigerweise sein Jacket wieder gerade strich. Als hätte er auch nur die geringste Falte darin. "Ich bin wegen etwas gänzlich anderem hier" erklärte er und sah noch einmal zu den dicken, Schalldichten Wänden. Hier kam nichts rein oder raus, von dem der Broker - von dem Lillie - nicht wollte, dass es diesen Raum betrat oder verließ.
"Ich bin vielmehr mit einer Nachricht hier her gekommen" erklärte er ihr und griff in seine Jackentasche, aus welcher er eine kleine, handliche Pistole nahm, diese vor Lillie auf den Tisch legte und den Griff zu ihr drehte, während er sich in seinem Stuhl zurück lehnte. "Ich habe heute morgen von einem meiner persönlichen Informanten erfahren, dass Projekt Persephone mich auf irgend eine Art und Weise erkannt haben muss - und ich habe keine Ahnung wie. Aber Fakt ist: Cerberus weiß nun, dass ich mit der Entführung des Projektes in Verbindung stehe." erklärte er ihr ruhig, gelassen. Als hätte er sich mit den folgenden Konsequenzen abgefunden

Eine ganze Weile lang herrschte Stille in dem großen Raum während Lilliana ihren Blick weiterhin auf Matts Gesicht gerichtet hatte und weder in einer einzigen Reaktion, geschweige denn einer Miene deutlich machte, was momentan hinter ihrer Stirn vor sich ging. Sie sah den anderen lediglich an und unterzog sein Gesicht noch einmal einer genauen Musterung, den Blick seiner Augen, die ruhigen und gelassenen Worte, mit denen er ihr sein Missgeschick berichtet hatte und die Pistole, die mit dem Griff zu ihr bereits auf dem Tisch lag. Langsam schloss sie ihre Augen und schüttelte den Kopf, schien mit einem Mal enttäuscht von der Offenbarung des anderen zu sein und streckte eine Hand nach der Waffe aus. Ihre Finger glitten über das kühle Metall, strichen um den Lauf, den geriffelten Griff, der der Waffe eine bessere Handhabe versprach bis sie schließlich an dem Abzug liegen blieben. Es wäre schnell vorbei, sie würde zielen und aus dieser Entfernung auch seinen Kopf treffen, die Kugel würde direkt in das Kleinhirn eindringen und das Letzte, was er sehen würde, würde sie sein. Seufzend schob sie den Stuhl, auf welchem sie saß ein Stück weit zurück, um wenig später aufzustehen und die Waffe damit endgültig aufzunehmen, sie noch einmal schwer in beiden Händen wiegend während sie mit langsamen Schritten zu Matt hinüber trat und die Pistole entsicherte. 
"Das war unglaublich leichtsinnig von dir", verließ es schließlich ihre geschminkten Lippen als sie hinter ihm zum Stehen kam und die Finger ihrer freien Hand sacht über sein Revers gleiten ließ bis sie bei der weichen Haut seines Halses ruhen blieben. Sie müsse vorsichtig sein, hatte man sie gelehrt, es gäbe niemanden, dem sie wirklich vertrauen konnte, hatte man sie gewarnt und wie es schien hatten sich diese Belehrungen nun bewahrheitet. Matt war stets ein wichtiger Agent und ein noch viel wichtigerer Vertrauter gewesen, aber selbst er schien Fehler zu machen. "Du hast dich für alle weiteren Missionen verbrannt ...", führte sie fort und atmete erneut schwer ein und aus ehe sie sich nach vorn streckte, ein erneutes Klacken der Waffe erklang und sie selbige wieder gesichert auf dem Tisch vor Matt ablegte, den Lauf auf die Wand ihnen beiden gegenüber gerichtet. 
"Es wird mich einiges kosten das wieder in Ordnung zu bringen."

Matt spürte noch immer, wie sein Herz über alle Maßen schnell in seinem Brustkorb schlug, ja beinahe hämmerte. "Das..." meinte er leise und sah noch immer auf die Waffe, welche all zu unschuldig auf dem Tisch vor ihm lag und in keinster Weise sein Leben bedrohte - ganz im Gegensatz zu der Ausgangslage wenige Minuten zuvor, welche sein Herz ordentlich zum Flattern gebracht hatte.
"Danke" setzte er dann doch noch hinten an, deutlich Wortkager als es sonst der Fall gewesen wäre. Er konnte noch immer nicht gänzlich glauben was gerade geschehen war. Er hatte zwar insgeheim auf diesen Ausgang gehofft, ja eine kleine Stimme hatte ihm sogar einreden wollen, dass er Lillie zu wichtig war für diesen endgültigen Schritt, allerdings hatte er es als letzten Strohhalm abgetan, als Wunschdenken. Doch nun saß er noch immer hier, lebendig, atmend - wenngleich auch reichlich verwirrt. Den Schock noch immer in den Glieder wich er ihrem Blick aus. "Das kann ich niemals wieder gut machen" flüsterte er.

"Ich kann sehr viele Dinge nicht wieder gut machen, die du für mich getan hast", wiegelte sie seine Worte lediglich mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen ab und schüttelte erneut den Kopf ehe sie sich mit einer Hand die Haare wieder zurück über die Schulter schob, die zuvor nach vorn gefallen waren als sie die Waffe auf dem Tisch abgelegt hatte. Während sie die Waffe in den Händen gehalten hatte, hatte sie keine einzige Sekunde daran gedacht, ihn wirklich zu erschießen, auch wenn sein Vergehen dafür gesorgt hatte, dass sie demnächst sehr genau darauf achten musste, wer in seiner Umgebung war und wer ihm vielleicht etwas antun könnte - sie hatte ihm hier lediglich Angst machen wollen, hatte ihn für diesen Fehler bestrafen wollen und resigniert seufzend trat sie vor ihn, stützte sich an der Tischkante ab und schrägte den Kopf ein Stück weit an während sie sein blass gewordenes Gesicht musterte und still darüber lächelte. Offensichtlich hatte ihr Vorhaben seine Wirkung nicht verfehlt. Er war zu wichtig für sie, als dass sie ihn einfach so hätte erschießen können, aber so sehr sie das auch verfluchte, sie würde ihm diese Dinge niemals mitteilen können - allein um das zu bleiben, was sie jetzt war. Der Broker. Sie hatte eine Aufgabe, die es zu erfüllen galt und deren Ziel sie nur sehr langsam näher kam - ein Ziel, das so unglaublich wichtig war und bei dessen Erreichung sie Matt an ihrer Seite haben wollte. 
"Du darfst nie wieder so ein Risiko eingehen", mahnte sie ihn leise, wenngleich auch keinerlei Vorwurf mehr in ihrer Stimme mitschwang, die jetzt weicher und wärmer klang als sonst wenn sie mit anderen sprach. "Ich hätte dich nicht erschossen", fügte sie wenig später hinzu während ein schmales Lächeln ihre Lippen umspielte und sich dann doch wieder verlor als sie ein paar Schritte in dem Raum umher machte und dann doch wieder zu Matt zurückkehrte, nur um sacht eine Hand auf seine Schulter zu legen.

"Darauf habe ich gehofft" erklärte Matt ihr und lächelte schwach. "Ehrlich gesagt, ich war mir nicht ganz sicher. Ich hätte es verstehen können" erklärte er ihr milde lächelnd, wobei er eher eine Grimasse zog, als das jenes Lächeln ehrlich auf seinen Lippen haftete.
"Aber glaub mir, wenn ich es irgendwie verhindern kann, werde ich mit Sicherheit nie wieder ein solches Risiko eingehen" versprach er ihr und gab ihr einen sanften Kuss auf die Halsbeuge.
"Nun, hast du bereits eine Idee wie ich meine Zeit verbringe bis Gras über die Sache gewachsen ist? Ich meine... ich könnte mich umoperieren lassen, aber leider wäre so ziemlich jedes aussehen eine Verschlechterung des aktuellen Zustandes." bei diesen Worten deutete er auf sein Gesicht und lächelte, mittlerweile wieder eher selbstischer als nervös.
"Also?"

"Du wirst einstweilen hier bleiben", setzte Lilliana ihm zur Antwort entgegen und musterte noch einmal sein Gesicht und die Selbstsicherheit, die darin aufgetaucht war, nachdem er erkannt hatte, dass sie sein Leben so schnell nicht beenden würde und für einen kurzen Moment verwünschte sie ihre eigene Entscheidung. Vielleicht ließ sie ihn darüber glauben, er wäre zu wichtig - vielleicht schürte sie damit nur sein Ego, das sich in den letzten Jahren seit sie ihn kannte und vor allem seit sie den Posten des Brokers eingenommen hatte, nicht gerade verkleinert hatte. Im nächsten Augenblick allerdings schob sie den kurzen Gedanken wieder bei Seite und wurde sich darüber bewusst, dass gleichgültig, was noch alles geschehen würde, sie ihn definitiv nicht abschießen würde - auch, wenn ihr das vielleicht sogar eines Tages zum Verhängnis werden sollte. "Zumindest solange bis ich alles Weitere in die Wege geleitet habe", schickte sie noch hinterher und zuckte mit den Schultern ehe sie zu ihrem Terminal zurückkehrte und sich wieder auf den weichen, großen Ledersessel sinken ließ, eine Hand ausstreckend, um die zahlreichen Monitore vor ihr wieder zu öffnen und in den archivierten Datensätzen nach denen suchte, die sie gerade brachte. 
Es vergingen lediglich ein paar Sekunden, dann leuchteten drei Dossiers auf einem der Monitore auf und mit einer einzigen Handbewegung schob sie selbige hinüber zu Matts Universalgerät. "Der Rat hat ein Team zusammen gerufen - ein Team aus Menschen, das für interne Spionage im Sol-System ausgewählt wurde. Sie sollen Informationen über Cerberus sammeln, allerdings ... und das ist etwas, was mich an dieser Geschichte stört. Ich habe von der Asari keinerlei Information darüber erhalten und ich würde gern wissen, wieso ... deswegen ... werde ich dich dorthin schicken, als Verstärkung."

"Die Citadel?" hakte Matt beinahe ungläubig nach und hob die Augenbrauen skeptisch ein Stückchen nach oben, was seine sonst so kühle und herablassende Art doch ein wenig störte und ihn eher wie einen verwirrten Hund aussehen ließ, der den Kopf fragend zur Seite gedreht hatte.
"Das ist ein ziemliches Stück weg von hier - ganz abgesehen davon, dass ich dort zumindest in den Akten der Citadel Sicherheit als gesucht eingetragen bin. Ich habe da mal vor einigen Jahren einige Bankkonten ziemlich schnell, ziemlich leergeräumt. Auch wenn ich garnicht weiß, wieso man so viel aufruhr gemacht hat. Das richtige Geld von diesen Leuten liegt doch sowieso in Aktienfonds, oder irgendwo auf einem Planeten mit verrückt hohem Zinssatz" erklärte er schulterzuckend.
"Aber wenn du dich auch darum kümmerst. Klar. Warum nicht? Solange ich für dich nützlich sein kann werde ich alles tun was du verlangst" erklärte er und lächelte schmal. "A prospros Nützlichkeit" fügte er anbei, und fuhr sanft über die Rundung von Lillies Busen. "Dann wäre ich wirklich weit weg"

"Sie werden dich nicht jagen - nicht, wenn die Salarianer nicht wollen, dass ihre Forschungen öffentlich werden, geschweige denn, dass die Asari möchte, dass ihre Zusammenarbeit mit Aria bekannt wird ... der Umstand, dass die Turianer gegen Cerberus rüsten oder die Menschen noch immer vor haben, sich weiter auszubreiten und dabei ihre ganz eigenen Spielregeln machen ...", führte Lilliana seufzend an ehe sich ein leises Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete als sie eine Hand nach oben gleiten ließ und schließlich ihre Finger sacht um die seinen schlang. Sie würden ihn nicht jagen - nicht unter der Identität, die er bekommen würde und erst recht nicht, solange sie noch immer den Finger am Abzug der Waffe hatte, die unmittelbar auf den Nacken eines jeden Ratsmitgliedes gerichtet war. Sie würden nicht auf den Gedanken kommen und C-Sec einen Befehl geben, den anderen festzunehmen und so konnte Lilliana sich ruhig zurücklehnen und der Dinge harren, die da noch kommen würden, allerdings gab es da leider die unschöne Tatsache, die er zuvor bereits angesprochen hatte. Er würde sehr weit weg sein. 
Langsam legte sie den Kopf in den Nacken, sah hinauf zu ihm und ließ das sachte Lächeln auf ihren Zügen wieder zurückkehren, nachdem sie erkannt hatte, dass seine Verwirrung inzwischen wieder der gewohnten Selbstsicherheit Platz gemacht hatte. "Stimmt ... du wärst sehr weit weg", säuselte sie leise und ließ diese Worte eine Weile lang im Raum stehen während sie schwieg, als wolle sie den Moment nutzen, um darüber nachzudenken, was sie dahingehend am Besten tun würde. "Ich schätze, wir sollten die Zeit bestmöglich nutzen bis du aufbrichst ...", lautete letztendlich ihre weiterführende Entscheidung.

tbc: weit später

"Ernüchternd", ließ Lilliana mit einem Blick auf die Kameras verlauten und schüttelte sacht den Kopf, während sie noch einmal das Gesicht des Cerberus-Mitarbeiters musterte und es mit den Details abglich, die sie zuvor aus dem Extranet hatte ziehen können. Daniel Sutherland, Waisenkind, an Demenz und Schizophrenie erkrankt, die durch Medikamente im Zaum gehalten wurde, aufgewachsen bei Cerberus, Vormundschaft hatte eine sehr lange Zeit bei Dr. Evans gelegen bis der Junge volljährig geworden war. Sie hatte mehr von dem Jungen erwartet, der so wenig Skrupel bei alledem hatte, dass er es selbst wagte, einen ihrer Agenten auf offener Straße zu erschießen und Lilliana lehnte sich langsam auf ihrem Stuhl zurück ehe sie die Überwachungsvideos der Straße abspeicherte und zu einigen der Nachrichtensender rüberschickte, gemeinsam mit dem Dossier des Cerberus-Mitarbeiters. Den Rest würde die Presse übernehmen, so dass sie absolut nichts tun musste, außer sich hierher zu setzen und dem weiteren Spiel beizuwohnen, das ohne Daniels weiteres Eingreifen seinen Lauf nehmen würde und sie war mehr als gespannt darauf, was geschehen würde, sobald der Erleuchtete erfahren würde, was einer seiner Mitarbeiter mit Unschuldigen tat. Die Stimme Sutherlands schwang in der Aufnahme der Überwachungsvideos mit, die weiche, warme Stimme des Doktors als er dem Scharfschützen befohlen hatte, die Kapsel zu nehmen - der Beweis für das, was geschehen war und woran der andere wirklich die Schuld trug.
Langsam strich sie sich ein paar der schwarzen Haare über die Schulter zurück und griff nach ihrem Wasserglas während sie die Kontobewegungen Illiums noch einmal betrachtete und mit einem Lächeln feststellte, wie die Summen sich veränderten. Es war nur ein kleines Geschenk an einen der Nachrichtensender gewesen - ein Zeichen ihrer eigenen Gutmütigkeit und gleichzeitig eine Möglichkeit, sich selbst zu schützen, wenn es eng werden würde.

"Wir haben ein Problem" hallte Matts Stimme durch den Raum, welcher kurz zuvor bei der Polizei gewesen war um noch einmal die Leiche des armen Agenten zu untersuchen, ob dort irgendwelche versteckten Informationen zu finden waren. "Und hey," fügte er anbei hinzu, da sie sich schon den ganzen Tag nicht gesehen hatten. Er quetschte sich neben Lillie an die Tastatur, gab dort einige kleinere Eingaben ein und öffnete einen Bildschirm, welcher den Blick einer der Außenkameras zeigte.
Diese war auf ein Hochhaus gegenüber gerichtet und dort, inmitten der hell erleuchteten Fassade flackerte eines der Fenster in unregelmäßigen Abständen. "Hier" meinte er und zeigte auf das Fenster. "Ich bin heute Unterwegs gewesen, als mir das Fenster hier aufgefallen ist. Das Licht flackert" erklärte er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. "Zuerst habe ich mir nichts weiter dabei gedacht, bis mir ein System aufgefallen ist. Ein System, welches sich alle fünf Minuten wiederholt. Zuerst dachte ich an einen Morsecode oder so etwas ähnliches aber... es war etwas anderes" er kratzte sich am Hinterkopf, warf Lillie einen kurzen Blick zu. "Ich habe es durch ein paar Analyse-Softwaren von uns gejagt. Es ist ein Binärcode. Zweimal schnell flackern bedeutet null, einmal lang bedeutet eins. Ich habe den Code mal übersetzte" er machte einige neue Tippbewegungen, und dort auf dem Bildschirm erschien ein Text. Ich weiß wo du bist - DS

Lilliana zeigte sich wenig beeindruckt von der Tatsache, die Matt ihr soeben präsentiert hatte, stattdessen trat sie langsam durch den großen Raum und verschränkte die Arme vor sich während sich müdes Lächeln auf ihren Lippen abzeichnete. Sutherland begann sie zu langweilen und wenn sie ehrlich war, dann hatte sie von dem anderen nach allem, was sie von ihm gehört hatte, weit mehr erwartet als dieses kleine Kasperle-Theater, das er bisher veranstaltet hatte und auch dieser kleine Binärcode, den er genutzt hatte, überraschte sie jetzt nicht. "Warte bis das Signal aus einem der anderen Türme kommt, welcher ist mir vollkommen gleichgültig. Wir treten mit ihm in Kontakt, wenn er das unbedingt haben will - auch wenn ich es hasse, wenn er meine Agenten umbringt ... ich habe da immer das Gefühl, ich hätte als Arbeitgeber versagt", antwortete sie Matt schließlich und schüttelte erneut den Kopf während sie eines der Bilder der Außenkameras auf eine der geschwärzten und glatten Wände aufrief, hinter denen sich ihr Büro befand. Eine Weile lang beobachtete sie den Shuttleverkehr, der in Nos Astra herrschte und der gerade um diese Uhrzeit noch immer so rege war, als befänden sie sich gerade in einer der Rush Hour der Erde.
"Die Familie des Agenten wird entschädigt werden für den Zwischenfall und ich hätte gern, dass er ordentlich beerdigt wird. Das hat er verdient, gerade nachdem, was Cerberus mit ihm veranstaltet hat", fuhr sie fort und seufzte leise, schloss die Augen für einen kurzen Moment lang während sie die unliebsamen Erinnerungen wieder hinunter kämpfte, um sich nicht mehr an Vergangenes erinnern zu müssen. Sie selbst hatte verletzt, teilweise sogar gemordet, aber einen Mord in Bezug auf Cerberus zu sehen und zu erkennen, wie skrupellos jeder Agent dieser verfluchten Organisation war, traf sie noch immer wie ein Schlag in den Magen.

"Natürlich" meinte Matt und sah noch einmal zu Lilliana, welche durch das improvisierte Fenster starrte und dabei ihren Gedanken nachhing. "Was will dieser Gestörte überhaupt?" fragte Matt und sah Lilliana noch einmal mit ernstem Gesichtsausdruck an. "Und in wieweit willst du mit ihm in Kontakt treten? Ich hoffe doch, dass du dich nicht selbst zu ihm begibst" erklärte Matt leise und sanft, während er langsam an Lillie heran trat, die Arme um ihre schlanke Hüfte schlang und ihr einen Kuss in die Halsbeuge hauchte.
"Du hast keinen Fehler gemacht" versprach er ihr und verstärkte den Druck um sie. Er wusste, was für eine starke Frau sie war. Aber dennoch. Ab und an benötigte wohl sogar sie jemanden, der ihr einen gewissen Rückhalt gab. Jemanden, auf den sie sich verlassen konnte.
"Was willst du jetzt tun?"

"Abwarten", lautete ihre einzige Antwort während sie langsam die Arme aus der Verschränkung löste und die Finger zwischen denen von Matt einfädelte und selbige sacht drückte ehe sie sich gegen ihn lehnte, den Kopf gegen seine Schulter lehnte und die Augen schloss. Sie wusste noch nicht einmal, ob sie nicht wirklich doch zu Daniel gehen würde, sich ihm stellen würde und ihn vielleicht sogar damit überraschen würde, aber damit würde sie das Netzwerk zerfallen lassen, das irgendjemand vor langen Jahren hier aufgebaut hatte und das sie nun bereits seit fünf Jahren weiterführte. Es musste immer einen Broker geben, erinnerte sie sich an die Worte des Alten, bevor dieser an seinem eigenen Blut erstickt war und wenngleich sie es auch niemals für möglich gehalten hatte, so war diese Aufgabe für sie nicht mehr nur die einzige Möglichkeit Rache zu üben, sie war auch zu einem Gefängnis für sie selbst geworden. "Vielleicht werde ich ihn irgendwann einmal treffen, wenn er in einer Klinik liegt und genauso endet wie seine Mutter. Wenn ihm niemand mehr glaubt, fände ich es sehr interessant, sich einmal mit ihm zu unterhalten, aber solange ... nein, solange werde ich das nicht tun", fuhr sie mit ihrer Erklärung fort und lächelte für sich selbst, im Stillen froh darum, dass Matt bei ihr war und sie ihn gerade bei sich wusste.
"Und um auf die Frage zu kommen, was er will - Spaß. Er sieht mich als geeigneten Gegenspieler, um seine Langeweile zu vertreiben und ihm ist es gleich, welche Mittel und Wege er dafür wählt. Wie wir vorhin gesehen haben", führte sie fort und beantwortete damit die erste Frage, die er ihr gestellt hatte so beiläufig, als würde es dabei nicht gerade um ein Risiko des ganzen Netzwerks gehen, sondern schlicht und ergreifend um ein trotziges Kleinkind. "Cerberus wird ihn früher oder später wieder zurückholen und solange werde ich warten und beobachten."

"Benutzen wir ihn doch gegen Cerberus" erklärte Matt ihr und umarmte sie weiterhin zärtlich, spürte ihre warme Haut an der seinen und lächelte sanft.
"Er ist ein Psychopath, das hast du selbst gesagt und er will letztlich nur seine Langweile besiegen. Was könnte für ihn spannender sein als einen Doppelagenten zu mimen?" fragte er und strich ihr durch das lange, pechschwarze Haar, welches wie ein Wasserfall in großen Wellen über ihre Schulter fiel. "Ich meine, vielleicht kommen wir so sogar direkt an Informationen über Evans - und wie du weißt, sind wir an solche Informationen bisher fast noch nie heran gekommen" erklärte er ihr und drehte sie langsam zu sich um, das Licht der vorbei fliegendne Shuttles tanzte auf Matts Gesicht während er die kleinere lächelnd ansah. "Was hälst du davon?"

"Ich weiß noch nicht ...", erklärte sie leise und wog den Kopf von einer Seite zur anderen, weil sie sich noch nicht so wirklich sicher darüber war, inwieweit sie Sutherland einsetzen konnte, wenn sie ohnehin noch nicht wusste, wo seine Loyalität lag und inwieweit er selbige verraten würde, um ein wenig Spaß zu haben und seine Langeweile zu vertreiben. Es war alles in allem ein Versuch wert, auch wenn sie ganz genau wusste, dass sie keine einzige Information, die er ihnen gab, so stehen lassen konnte - sie würde sie überprüfen müssen, Hunderte Male bevor sie einen Fehler darin fand oder eben bis sie sich überzeugt hatte, dass sie den anderen auch wirklich nutzen konnte. "Ich vertraue ihm nicht und ehrlich gesagt würde ich nur sehr ungern mehr als unbedingt notwendig mit ihm zu tun haben ... andererseits hast du natürlich Recht und er könnte uns eine Hilfe dabei sein, endlich an Cerberus heran zu kommen und ihnen einen Schlag zu versetzen ...", überlegte sie weiter leise und streckte sich dann schließlich das kurze Stück nach oben, nur um ihm wenig später einen sanften Kuss auf die Lippen zu hauchen, der ihre Antwort schlussendlich dann auch besiegelte während sie die Arme ausstreckte und sie um den anderen legte, sich an selbigen schmiegte.
"Schicken wir ihm eine verschlüsselte Nachricht ... er bekommt ein Treffen mit mir, wenn er uns Informationen über Cerberus liefert", entschied Lilliana leise, ihre Stimme kaum mehr als ein leises Hauchen an seinem Ohr. "Wir warten bis seine binäre Nachricht bei anderen Gebäuden ist ... dann suchen wir uns das andere Zimmer und schicken ihm die Antwort. Vielleicht geht er darauf ein und hilft uns und wenn nicht ... dann haben wir auch nichts weiter verloren."

"Klingt vernünftig" flüsterte Matt leise und lächelte sacht, während er dabei zu sah wie sie wieder zurück zu ihrem Stuhl glitt. Er diente ihr, diente dem Broker - und es war die erfüllendste Aufgabe, die er sich vorstellen konnte.

Matt spürte das Beben des großen Schiffes, als stünden sie in den Eingeweiden eines riesigen Tieres. Das blaue Licht der Deckenbeleuchtung warf verzerrte Schatten auf das Gesicht des Yaghs, welcher sich vor Lilliana aufgebaut hatte und sie am Hals festhielt. Sie hatten es soweit geschafft, waren bis in das Büro des Brokers eingedrungen um ihre Arbeit zu vollenden, um das Netzwerk des Brokers an sich zu reißen. Doch der Yagh war klüger gewesen als erahnt, hatte Lunte gerochen und schneller reagiert als sie. Matt hatte nur noch die Pranke des riesigen Tieres auf sich zukommen sehen, ehe er durch die Luft gewirbelt wurde. Er spürte wie Blut an seiner Schläfe hinab lief, sah Lillie welche sich mit aller Kraft versuchte zu befreien. Es war vorbei stellte er fest, ehe sein Blick zu Lillies Waffe glitt, welche zu ihm hinüber gerutscht war. Er ergriff das blanke Metall, welches sich kalt in seiner Hand anfühlte und zielte mit zitternden Händen. Der Schuss ertönte wie ein Befreiungsschlag und der Yagh, in eines der vielen Augen getroffen heulte auf, ließ Lillie fallen und stolperte zurück, krachte gegen den Schreibtisch und Lillie stach ihm mit der Kraft der Verzweiflung, mit dem Hass der Jahre voller Schmerz mit ihrem Universalgerät durch die Kehle. Blut sprudelte aus der Wunde, als der Broker, sie noch einmal zu sich rief und mit den Worten eines sterbenden Mannes, seine letzte, seine wichtigste Botschaft Preis gab. "Es muss immer einen Broker geben". Matt stand hinter Lillie, jener Frau die er dafür benutzt hatte näher an den Broker zu kommen. Sie hatte Talent gehabt, dass hatte er gesehen als sie ihm für ihre erste Mission zugeteilt wurde. Und es war einfach gewesen diese Frau, diese verzweifelte Frau auf seine Seite zu ziehen. Der Yagh war tot, sie angeschlagen und ohne Waffe. Er musste nur noch den Abzug drücken um endlich selbst das Heft in der Hand zu halten. Doch als sich Lillie zu ihm umdrehte, steckte die Waffe wieder im Holster. "Ich diene nur euch, Shadow Broker" hatte er gesagt. Hatte Sie nicht töten können, jene Frau die sein Herz gestohlen hatte, statt er ihres. Er hatte geglaubt die Kontrolle zu haben, doch war sie es gewesen, die ihn bezaubert hatte...
Seit so vielen Jahren diente er nun ihr und es war das erfüllendste Leben was er sich vorstellen konnte. Er genoss ihre Anwesenheit, genoss es wenn sie da war. Er wollte sie nicht enttäuschen, wollte sie niemals mehr verlieren. Er stand in der zweiten Reihe, als ihr Agent, als ihr Mitverschwörer. Doch niemals als ihr Geliebter und wenngleich Matt dies oft nur zu gerne ausgesprochen hätte, so behielt er es für sich. Es war gut so, wie es war. Solange Sie da war und er sie lieben konnte. Aus dem Schatten heraus.

Eine ganze Weile lang lag Stille in dem Raum, eine Stille, die Lilliana nutzte, um sich noch einmal darüber bewusst zu werden, was sie eigentlich getan hatte und welchen Weg sie gehen würde, um das zu bekommen, was sie wollte. Der Soldat, der gestorben war nachdem Sutherland ihn dazu gezwungen hatte, die Zyankali-Kapsel zu schlucken, geisterte noch immer in ihrem Geist umher, ebenso wie der arme Agent, der dort hatte sein Leben lassen müssen - sie hätte es wissen müssen, dass Sutherland so skrupellos mit all den Leben umging, weil sie ihm nichts bedeuteten. Dort draußen saßen nun zwei Familien, die vergebens darauf warten würden, dass Bruder, Vater, Ehemann zurückkehren würden - sie würden nicht heim kommen, sie würden nicht gemeinsam mit ihren Familien an einem Tisch sitzen, die Kinder würden nie wieder das Gesicht ihres lächelnden Vaters vor sich sehen, die Frau würde fortan allein schlafen müssen, während sie sich immer wieder nach dem Warum fragte - danach fragte, weshalb ein Mensch einfach so einen anderen umbrachte, um daraus einen Vorteil zu ziehen.
Lilliana hatte all das nicht begriffen, hatte nie verstanden, warum man immer über Leichen gehen musste und sie hatte während ihrer Zeit als Broker immer darauf geachtet, dass ihre Agenten wieder nach Hause kamen, zu ihren Familien, insbesondere weil sie wusste, wie stark das Gefühl der Rache einen Menschen selbst zerfraß. Sie kannte es, brannte selbiges Gefühl doch noch immer wie Feuer in ihren Adern, zerfraß immer weitere Stücke von ihr und brachte sie selbst immer wieder an den Rand des Wahnsinns. Sie wollte, dass Cerberus fiel, wollte dem Unbekannten alles nehmen, was ihm jemals etwas bedeutet hatte, sie wollte ihn leiden lassen - einfach aus dem Grund, um ihn kennen lernen zu lassen, was er über all die Jahre angerichtet hatte. Wie viele Menschen wegen ihm ein grausames Schicksal hatten erdulden müssen während er sich in seinem Ruhm und seiner vermeidlichen Sicherheit aalte und wenn alles verloren sein würde, dann würde sie ihn zusehen lassen und ihn fragen, wie er sich fühlte.
"Du darfst Sutherland nicht zu nahe kommen ...", ließ sie nach einigen weiteren Sekunden verlauten und erhob sich wieder von ihrem Platz, um erneut auf Matt zuzutreten und ihn an der Hand zu sich zu ziehen. Wenn Sutherland mit ihm dasselbe machen würde, wie mit dem armen Soldaten, dann wusste sie nicht, was sie tun würde. Matt war bei ihr gewesen, als sie ihn gebraucht hatte und begleitete sie auch noch heute jeden Tag aufs Neue. "Ich will nicht, dass er dir etwas antut ..."

"Mach dir keine Gedanken um mich" meinte Matt leise und nickte. "Ich bin cleverer als er. Keine Sorge, du verlierst deinen besten Agenten schon nicht an irgend einen Psychopathen. Allein schon, weil er keine Ahnung von guten Anzügen hat" erklärte er und fuhr ihr sanft mit einem Daumen über die Wange.
Er wusste, wie gefährlich Sutherland war - wusste, wie dessen Erfolgspotential bisher aussah und wenngleich er auch nicht glaubte, dass dieser ihm wirklich das Wasser reichen konnte, so schwang dennoch eine gewisse Grundangst in der ganzen Situation mit. Er spürte, wie sicher sich Lillie trotz allem fühlte, doch aus irgend einem Grund, den er sich selbst nicht erklären konnte störte ihn irgendetwas. Es war als ob ein Einbrecher in seine Wohnung gekommen war und dort die Schränke durchsucht hatte. Als hätte man seine Privatssphäre einen kleinen Riss verpasst. "Ich..." meinte er, liebe dich, "diene nur dir Shadow Broker" beendete er den Satz,

"Ich dich auch", lautete Lillianas einzige geflüsterte Antwort, die sehr wohl wusste, was Matt ihr sagen wollte und die für sich selbst lächelte, kaum dass der andere seine Worte beendet hatte. Es war das, was immer zwischen ihnen beiden gestanden hatte und was sie bereits geahnt hatte, als er damals vor fünf Jahren die Waffe hatte sinken lassen, anstatt sie umzubringen und selbst nach der Macht zu greifen, wie er es all die Zeit vorgehabt hatte - es konnte keinen anderen Grund haben, er war damals selbst so machtbesessen gewesen wie sie, wenn auch aus anderen Gründen und sie hätte es ihm nie übel genommen, wenn er sie einfach erschossen hätte.
Vielleicht war das auch der Grund gewesen, wegen dem sie ihm geholfen und sich darauf eingelassen hatte, ihn weiterhin zu begleiten, auch wenn sie gewusst hatte, dass er sie würde umbringen wollen - damals hatte sie sterben wollen, hatte alledem einfach ein Ende bereiten wollen, weil sie keine weitere Alternative gesehen hatte, wie sie noch weitermachen sollte, aber man hatte sie nicht sterben lassen. Immer wieder war sie vor dem Tod bewahrt worden und in jenem Augenblick, indem Matt einfach hätte schießen können, hatte auch er es nicht getan und heute war sie dankbar darum, dass er die Waffe hatte sinken lassen. Er war nicht nur ihr Agent - er war derjenige, dem sie vertrauen konnte, derjenige, mit dem sie ihr Bett teilte und derjenige, den sie gern um sich hatte, mit dem sie die gemeinsame Zeit genoss, auch wenn sie nicht erwartet hatte, dass sie dieses Gefühl noch einmal würde aufbringen können nach allem, was geschehen war.
"Du bist mehr als das", flüsterte sie deswegen leise und streckte sich erneut nach vorn, zog ihn die letzten paar Zentimeter zu sich heran während ihre Finger sacht unter sein Jackett glitten und unter dem feinen Stoff seines Anzughemdes die warme Haut ertasteten, über die sich ein Schauder zog, als ihre Fingerspitzen darüber strichen. Sie ließ ihn nicht zu einer Antwort kommen, ließ dieses Mal nicht zu, dass er den Augenblick einfach so zerredete, wie er es sonst immer tat, wenn sie kurz davor gewesen war, einfach den Mund aufzumachen und ihm die Wahrheit über all das zu sagen, was sie bislang wohl behütet in sich selbst aufbewahrt hatte, beugte sich stattdessen nur erneut nach vorn, um ihn abermals zu küssen. Dieses Mal würde sie sich einfach fallen lassen, nur ein einziges Mal genug Vertrauen aufbringen und was auch immer danach geschehen würde, einfach akzeptieren. Wie viel schlimmer konnte es schon kommen? Wenn sie ihn verlieren würde, wäre sie wieder genau dort, wo sie vor fünf Jahren gewesen war und dann würde es auch nichts mehr ausmachen.

Er lächelte sanft, spürte wie sich eine Gänsehaut über seinen Körper zog, sich bis in seine Kopfhaut zog, welche prickelte. Er schenkte ihr ein Lächeln, fuhr ihr sanft mit einem Finger über die Halsbeuge und spürte wie sich auch ihre Haut spannte. Sein Herz schlug schneller, pochte beinahe schmerzhaft gegen seine Brust.
Er liebte diese Frau, liebte sie unglaublich und er genoss gerade ihre Anwesenheit, genoss es ihr Parfum in sich aufzunehmen, von diesem süßen Duft zu zehren, der sie so sehr definierte wie kaum etwas anderes. Ihr Parfum war auch damals das erste gewesen, was ihm an ihr aufgefallen war. Ein Geruch, viel zu teuer für so ein Mädchen wie es vor ihm stand. Der Broker hatte sie damals zurecht geputzt, sie aussehen lassen wie eine reiche Frau, die sie nicht war. Mittlerweile war sie in dieses Parfum hinein gewachsen, hatte seiner Bitte nach nie ein anderes benutzt. "Danke, dass du da bist"

Auf dem Monitor spiegelten sich immer wieder dieselben Szenen ab. Ein junger Mann, der gemeinsam mit einem jungen blonden Mädchen quer durch die Gassen der unteren Citadelbezirke lief, dicht verfolgt von einigen Kroganern, nachdem er einen Turianer nieder geschlagen hatte - die Aufnahmeperspektive wechselte und wenig später war ein weit älterer Mann zu erkennen, wie er von einem Dach sprang und wenig später auf einem Kroganer landete, welcher unter der Wucht des Aufpralls zu Boden fiel. Ein paar Handgriffe des Mannes, dann erstarb das Röcheln der großen Kreatur und sie beobachtete, wie der Mann sich gemeinsam mit den anderen beiden von der Szenerie entfernte. Seufzend wandte Lilliana ihren Blick hinüber zu dem Video des Turianers, dessen hartes Gesicht sich dort abzeichnete und das sie durch den Bildschirm hindurch anzustarren schien. Lilliana mochte diese Art von Geschäftsmännern nicht, kannte sie doch deren Arbeit mehr als gut, aber sie hatte über die Jahre als Shadow Broker gelernt, dass sie nicht darum herum kam, mit ihnen gemeinsam zu arbeiten und auch ihre Anfragen zu beantworten - so wie es jetzt eben auch war. Derius war bereits ein alter Kunde von ihr, hatte sich stets vertrauensvoll an sie gewandt, wenn er Hilfe benötigte und so war es nun auch dieses Mal - er wollte das Mädchen zurück, das ihm abhanden gekommen war und es war nur zu Lillianas Vorteil, dass er sie damit auch auf eine Spur gebracht hatte, von der sie nicht erwartet hatte, dass sie sich noch einmal darum würde kümmern müssen.
"72 Stunden", lautete die einzige Antwort, die sie über eine computergesteuerte und völlig verzerrte Stimme gab ehe sie die Videokonferenz mit dem anderen abbrach, in welcher sie sich nicht gezeigt hatte. Es war zu riskant gewesen, wie sie schon früh hatte feststellen müssen und ebenso still, wie sie sich zuvor gezeigt hatte, aktivierte sie jetzt den Kanal zu einer anderen Quelle. "Zwei CIA-Agents. Casey Moor, Jeff Thomson ausschalten. Letzter bekannter Aufenthaltsort - untere Bezirke Citadel. 15jähriges Mädchen ist bei ihnen - Kontakt braucht sie lebend.", lautete der schlichte Befehl, die sie an einen turianischen Spectre gab, der gerade dabei war, die Waffen zu reinigen.

"Hey Süße" meinte Matt leise, während er von dem Schreibtisch des Brokers aufsah, an welchem er Platz genommen hatte und von wo aus er die Geschicke des Brokers seit nunmehr beinahe drei Wochen leitete. Lilli war in einem erbärmlichen Zustand gewesen, vollgepumpt mit Drogen, die ihren Körper zurück in die Abhängigkeit geführt hatten und mehr Tod als Lebendig.
Matt war nichts übrig geblieben als einen ihrer fähigsten und vertrauenswürdigsten Agenten zu seiner kleinen Wohnung zu schicken, wo Lilli in der Sauna eingesperrt war und dafür zu sorgen, dass sie sich wieder erholte - und vor allem, dass sie nicht reißaus nahm.
Doch nun stand sie vor ihm, frisch gemacht, in neuer Kleidung und wenn er das Funkeln ihrer Augen richtig deutete, dann war auch nichts mehr von dem verdammten Gift in ihr. Nun stand sie vor ihm, eine Agentin des Brokers während er hier die Hand auf jenem Pult liegen hatte, dass so lange Zeit ihr gehört hatte. Aber diese Rollenverteilung würde er heute ändern - ebenso, wie er einige andere Sachen ändern würde. Dinge, die er schon längst hätte tun sollen.
"Du siehst gut aus"